Geschafft! Ende der Chemotherapie
von Morris · 27. Januar 2019
Den Jahreswechsel konnte ich nach Ende der Chemotherapie feiern wie einen zweiten Geburtstag. Ich freute mich sehr darauf, endlich wieder unter Menschenmassen gehen zu dürfen.
Nachdem ich bei meinem Krankenhausaufenthalt meine letzte Infusion bekommen hatte, musste ich die kritische Phase niedriger Leukozyten überstehen – dann hatte ich es geschafft. Pünktlich an Silvester ging ich zur Blutbildkontrolle um zu Erfahren ob ich „es geschafft“ habe. Ich freute mich riesig über das Ergebnis, mit meinem Leukozytenwert lag ich fast im Normalbereich, Tendenz aufwärts.
Ich war sehr glücklich, aber mit der wiedergewonnenen Freiheit wusste ich noch nicht ganz umzugehen. Das Ende der Chemotherapie war da, ich durfte wieder ohne „Schutzausrüstung“ unter Menschen(massen). Ich nahm mit direkt eine Shoppingtour durch die Innenstadt für den 02. Januar, nach dem Feiertag, vor.
Silvester als zweiter Geburtstag
Zunächst musste ich aber für unsere kleine Silvesterfeier einkaufen, die ich mit drei Freunden geplant hatte. Wir wollten ganz entspannt etwas kochen und uns ruhig zusammensetzen um den Abend zu genießen. Übertreiben wollte ich es lieber erstmal nicht. Vor dem Einkauf erstellte ich sorgfältig eine Liste mit allen Dingen, die wir brauchen würden und machte mich auf den Weg zum Supermarkt, immer noch in der Freude, endlich wieder „normal“ unter Menschen unterwegs zu sein. Meine Freude änderte sich sofort, als ich den Laden betrat. Noch nie hatte ich so einen vollen Supermarkt gesehen. Jeder Gang war voller Menschen und Einkaufswagen, die Regale hingegen waren quasi leer. Ziemlich schnell habe ich mich von dem Gedanken verabschiedet, meine Liste abzuarbeiten und nur noch mehr oder weniger zufällig irgendwelche Dinge in meine Einkaufstüte geschmissen. Mehrfach dachte ich darüber nach, meine Sachen liegen zu lassen und einfach zu gehen, aber als ich sah dass an der Kasse auch ohne etwas zu kaufen kein durchkommen gewesen wäre, war das auch keine Option mehr. Ich trug lieber noch einen Mundschutz, um nicht direkt krank zu werden. Schließlich war ich noch nicht ganz fit.
Das Erlebnis war schon ein kleiner „Menschenschock“ nach den vergangenen Monaten. Nach dem Einkauf war ich durchgeschwitzt und müde, ich hätte nie gedacht, dass einfache Alltagsaufgaben so anstrengend sein können.
Es blieb mir einige Zeit, mich auszuruhen und so konnten wir einen gemütlichen Silvesterabend verbringen, der für mich mein zweiter Geburtstag geworden ist.
Zurück im normalen Leben
Die nächsten Tage nutze ich für meine Shoppingtour, um meine Wohnung zu putzen und den ein oder anderen Termin Kontrolltermin wahrzunehmen. Eigentlich waren es Dinge, die mich als gesunden Menschen niemals angestrengt hätten, doch jetzt merkte ich ziemlich schnell wie sehr mein Körper und auch mein Kopf überfordert waren. Nachdem ich meine Wohnung geputzt hatte, zitterten mir die Knie und Beine und ich bekam wieder diesen Tunnelblick als wäre ich betrunken. Außerdem bemerkte ich mein deutlich schlechteres Kurzzeitgedächtnis und allgemein leichte Einschränkungen beim Denken. Ich konnte beispielsweise keine klar formulierten WhatsApp Nachrichten schreiben, da ich mich überhaupt nicht konzentrieren konnte.
Jetzt, drei Wochen später, sieht das Ganze schon viel besser aus. Die Reha in Bad Oexen, die ich ab nächster Woche durchführe, wird mich dann hoffentlich wieder komplett „normal“ machen. Ich freue mich über das Ende der Chemotherapie.
Mein lieber Maurice,
du bist noch so jung Alter, kaum gelebt und so eine Diagnose….
Bedauerlicherweise kann ich deine Schilderungen nur bestätigen, auch in meinem Fall gab es jede Menge aus Patientensicht zu bemängeln, aber aufbauend kann ich dir mitteilen, ich lebe auch noch und mein Onkologe bekam 2011 auch nicht , allerdings bei meine Krankenkasse das durch, was er gerne gehabt hätte bei meiner Behandlung und er ist ein Meister seines Fachs gewesen. Es blieb also beim Standard damals, den alle bekommen haben.Auch ich habe einer Studie zugestimmt.
Meine Aussagen sind wohl begründet, denn als ich 19 Jahre alt war habe ich für einen Pathologen und Gerichtsmediziner gearbeitet, der nur 300 Meter von meinem Onkologen sein Institut betrieben hat. Ich betreibe also mit Sicherheit kein Kaffeesatz lesen, wenn ich meinen ehemaligen Chef und Professor frage, welcher Onkologe bei meiner Diagnose angeraten ist. Ich finde es sehr gut, dass du diese Seite gemacht hast. Unser Krankensystem ist am schwächeln, aber immerhin wird man noch aufgefangen.Die Zukunft könnte so aussehen, dass gesetzliche Krankenversicherung, dass sind 80- 90 Prozent der Patienten nicht mehr gesetzlich, sondern entsetzlich krankenversichert bedeutet.
Dann liegst du auf einem ehemaligen 2-Bettzimmer mit 3 Patienten, also 3 Betten und bekommst am Nachttisch deines Pflegebettes die Schublade icht mehr auf und wenn du klingelst kommt nach 30 Minuten die jüngste Praktikantin, nach einer Stunde die Praktikantin, die schon 2 Wochen da ist, nach 2 Stunden die erste Krankenschwester, die kann das aber nicht entscheiden und nach 5 Stunden hat der Arzt dann entschieden – mittlerweile 25 Stunden im Dienst, deine Schmerztablette nach zusätzlichem Bedarf war angeordnet, steht also in seinem Computer und sie wird dir gebracht, sobald die Schwester es irgendwie schafft mit den freundlichen Worten: „Haben Sie sonst noch einen Wunsch? Nein? Ok, bis morgen früh dann und gute Besserung“.
Hallo Detlef,
ich habe definitiv noch Glück gehabt. In der Tagesklinik, wo ich meine Therapie bekomme habe, musste ich nie warten und alle Patienten wurden gut versorgt. In der Onkologie war es immer sehr voll, manchmal musste ich eine Stunde und länger warten. Allerdings wurde sich dann genug Zeit genommen und es dauerte eben solange wie es dauerte.
Ich kann mir aber vorstellen, dass es je nach Ort und Krankenhaus Probleme geben wird, deshalb sollten Pflegekräfte dringend besser bezahlt werden. Wenn weiterhin alles dafür getan wird, dass der Beruf unattraktiv bleibt, könnte dein Szenario genauso eintreffen…
Viele Grüße und danke für deinen Kommentar,
Maurice